Deutsche Siedler, von böhmischen Herrschern gerufen.

Im 12. und 13. Jahrhundert kamen viele Deutsche über die Randgebirge Sudeten, Erzgebirge, Oberpfälzer Wald und Böhmerwald in das Land. Sie kamen nicht als Eroberer, sie wurden von den böhmischen Landesfürsten gerufen. Es waren Bauern, Handwerker und Bergleute, die zur Entwicklung des Landes, in materieller und kultureller Hinsicht, viel beitrugen. Sie erhielten zahlreiche Privilegien, gründeten Städte nach deutschem Recht und es entstanden Klöster der Zisterzienser und Prämonstratenser, die zum Landesaufbau wesentlich beitrugen.

Die deutschen Bergleute ermöglichten durch die Kunst des Tiefbaues eine bessere Ausbeutung der Bergwerke und legten so den Grundstein für die nun folgende Blüte des Bergbaues, die dem Land Reichtum und Ansehen brachte.

Die böhmischen Herrscher heirateten deutsche Frauen. Dies waren u.a. Judith, die Schwester des ostfränkischen Markgrafen Otto von Schweinfurt, Ida von Wettin, Luitgard von Bayern, Gerberga von Österreich, Gertrud von Babenberg, Judith von Thüringen, Kunigunde von Hohenstaufen, und Guta, die Tochter Rudolf von Habsburg. Diese Frauen brachten ihre Ratgeber von zu Hause mit. An ihren Höfen herrschten deutsche Sitte und höfische Dichtung.

Fast alle Städte der Sudetenländer sind im Zusammenhang mit der deutschen Besiedelung entstanden; vorher waren Städte unbekannt; es gab lediglich Gemeinden, die als Handelsplätze angelegt und mit bestimmten Privilegien ausgestattet waren. Seit 1220 entstanden viele Städte, als königliche und als untertänige. Die königlichen erlangten alsbald größere Bedeutung, da sie militärische Stützpunkte des jeweiligen Herrschers, ebenso auch Zentren der Wirtschaft waren und daher zu Ansehen und Wohlstand kamen.

Zu diesen gehörten Leitmeritz, die Prager Städte, Saaz und Königgrätz. Die untertänigen Städte waren vom Adel und der Geistlichkeit gegründet, durch die Rosenberger in Südböhmen. Dies war Krummau, Neubistritz, Gratzen, Neuhaus, Wittingau, Beneschau. Die Wartenberger gründeten Tetschen und Böhmisch Kamnitz. Die Prager Bischöfe Bischofteinitz, die Olmützer Bischöfe Kremsier und Müglitz, die Deutschherrn Komotau, die Benediktiner Politz, Kladrau und Tuschkau, die Prämonstratenser Tepl, Staab und Leitomischl. Äußerlich sind zwei Formen vorherrschend, gewachsene oder gewordene Städte. Letztere sind erkennbar an der unregelmäßigen Bebauung.

Die gegründeten, planmäßigen Städte erkennt man am typischen Grundriß der ostdeutschen Koloniestädte. Zentrum ist der Marktplatz, von dem im rechten Winkel die Straßen ausgehen; er ist rechteckig oder quadratisch angelegt, manchmal ist es nur eine verbreiterte Straße. Kirche, Rathaus und Kaufhaus sind die wesentlichsten Gebäude einer Stadt. Man legte Befestigungsmauern mit Toren und Türme an; deren Reste zeugen heute noch von der Wehrhaftigkeit. Schönheitssinn und praktisches Denken der Bürger schufen schöngiebelige Häuser mit Laubengängen, Brunnen und Denkmälern.

Urkundenbücher und Bürgerverzeichnisse aus vorhussitischer Zeit sind Belege daür, daß die Deutschen in den meisten Städten in der Mehrzahl waren. Die Entstehung der Bergstädte geht ebenfalls auf deutsche Siedler und Bergleute zurück. Schon im 12. und 13. Jahrhundert erreichte der Bergbau eine hohe Blüte; Silber- und Golderze wurden abgebaut. Es entstanden Iglau, Kuttenberg, Graupen, Bergreichenstein und andere Städte im Erzgebirge, Böhmerwald, Egerland, Nordmähren und Schlesien. Im 16. Jahrhundert kamen weitere Bergleute ins Land, welche den Reichtum an Erzen erschlossen und wieder Bergstädte wie Joachimstal, Sonnenberg, Sebastiansberg und Kupferberg gründeten.

Nicht nur die Städte in den geschlossenen deutschen Siedlungsgebieten und den Volkstumsinseln, sondern auch dieselben im slawischen Siedlungsgebiet, wie Beraun, Deutsch Brod, Chotebor, Hohenmaut, Jermer, Jitschin, Kolin, Königgrätz, Königinhof, Melnik, Nimburg, Pisek, Pilsen, Taus und viele andere waren ursprünglich deutsch. Tschechische Gründung ist lediglich die Stadt Tabor.


Quellen:

1. Mürling, Helmut: „Die Geschichte der Sudetendeutschen“: URL: http://www.sudeten-bayreuth.de/Oberfranken/geschichte_des_sudetenlandes.htm [Stand: 08.07.2012]

2. Hemmerle, Rudolf: „Sudetenland. Wegweiser durch ein unvergessenes Land“: Augsbgurg: Bechtermünz Verlag 1999: S.