Die Hammerhütten im Töltschbachtal

Mit der Errichtung des Eisenwerkes 1778 lichtete sich das dumpfige, finstere Tal. Der bis an den zu beiden Seiten an den Bach heranreichende dichte Waldbestand musste stellen weise dem Bau der Werksanlagen weichen.

Ein reges Treiben begann, es wurde laut in diesem Winkel der Natur. Hacken und Keilen der Holzfäller und Stöckeroder, prasseln, ächzen und dumpfer Aufschlag mächtiger fallen der Bäume. Kreuzhacken klirrten bei den Erdarbeiten für den Bau der Teiche, der Schachtarbeiten für die Wassergräben, die stellenweise durch den Fels geschlagen werden mussten, bei den Gründungen für den Bau der Werksanlagen und der ersten Häuser für die künftigen Berg- und Hüttenarbeiter. Befestigte Wege mussten geschaffen wer den, um zunächst als Baumaterial die Steine von der Kesselfels, einen zusammengestürzten Felsen, an der später erbauten Thunstraße, für den Bau der Gebäude anfahren zu können und nicht zuletzt den Antransport der Erze und des Holzes und der Holzkohle sowie den Abtransport der Fertigprodukte zu ermöglichen. Die Räder schwer beladener Wagen der Fuhrwerke mögen wohl knarrend und krächzend, durchsetzt von den Lauten der Kutscher zum Antrieb der schnaufenden und schwitzenden Gäule, auf den noch wenig ausgefahrenen Wegen, sich bewegt haben.
Vor allem Arbeiter aus den am nächsten gelegenen Orten Brandau, Kallich und Kleinhan fanden hier Arbeit und Lohn für ihr bescheidenes und kärgliches Leben – bei einer Arbeitszeit von 12 bis 14 Stunden.

So entstanden als Speicher potentieller Energie vier Teiche, fast unmittelbar hintereinander, für den Antrieb der Wasserräder in den Werksanlagen. In zwei Fällen wurde jeweils der gesamte Töltschbach gestaut. Sie lieferten die Energie für den Vieweghammer und den Schulzhammer.

Nach Nikolaus von Urbanstadt bestanden in Gabrielahütten im Jahre 1809 ein Hochofen mit Gießerei und Pochhaus, drei Stabhütten, vier Blechhütten und eine Blechverzinnungsanstalt. In dem Jahr wurden in den beiden Eisenwerken Gabrielahütten und Kallich zusammen 9000 Zentner Roheisen, 6600 Zentner Stabeisen, 2800 Zentner Schwarzblech und 1500 Kisten Weißblech erzeugt. Dazu wurden verbraucht 222,25 Klafter Buchenscheitholz, 9766 Klafter weiches Scheitholz und 1547,5 Klafter Stöcke (1 Klafter zirka 3 Kubikmeter) aus denen 65.800 Kübel Holzkohle erzeugt wurden. In jeder der drei Hammerhütten in Gabrielahütten gab es ein Hammergerüst mit drei Schwanzhämmern und ein Balkengebläse sowie ein Ofen, der mit Holzkohle geheizt wurde. Der Antrieb erfolgte von Wasserrädern mit einer Leistung von 15 PS.

Von Brandau kommend stand zwischen der „Gelben Brettmühle“ und dem Gasthaus „Zur böhmischen Schweiz“ der „Niedere Hammer“ (etwa 200 bis 300 Meter unterhalb des Gasthauses). Der Graben für das Aufschlagwasser zum Wasserrad verlief am Waldrand und wurde durch ein Wehr vom Töltschbach, bei dem später errichteten Polierwerk, abgezweigt. Der Abflussgraben führte in den Natzschungbach. Diese Hammerhütte bestand aus dem Hammerwerk im Erdgeschoss und einem Holzaufbau, in dem der Hammermeister wohnte und durch eine von außen nach oben führende Holztreppe erreichbar war. Für das nächste Hammerwerk, den „Vieweghammer“, wurde der Töltschbach gestaut (unterhalb der letzten Schule). Der Damm war sehr hoch und reichte in seiner Länge bis an den Brandauer Berg, wo sich, unweit oberhalb, eine kleine Eisenzeche befand. Eine Nachfahrin des dort tätigen Hammermeisters, Frau Vieweg, lebte nach dem 2. Weltkrieg in Rothenthal und war hier in den fünfziger Jahren Mitglied der Gemeindevertretung.

Weiter talaufwärts, fast unmittelbar nach dem Teich des Vieweghammers, wurde der Töltschbach abermals gestaut. Hier befand sich an der westlichen Talseite der „Schulzhammer“. In diesem Hammerwerk soll, nach überlieferten Aussagen, die Blechherstellung auf dem Breithammer mit dem Bau des Walzwerkes im Jahre 1835 eingestellt worden sein. In den folgenden Jahren wurden Radreifen hergestellt. Um 1858 wurde auch diese Produktion stillgelegt und dafür eine moderne Schindelmaschine aufgestellt, auf der stündlich 80 bis 100 Holzschindel produziert werden konnten. 1885 wurde auch diese Produktion eingestellt, das Werk demontiert und der Teich abgelassen.

Am Fuße des bis nach der Vertreibung vorhandenen Töltschteiches befand sich die Ruine eines zu Beginn des 20. Jahrhunderts abgebrannten Drehwerkes, das ursprünglich eine Hütte des Eisenwerkes war und erst nach dessen Stilllegung als Holzdrehwerk Verwendung fand. Die auf den Breithämmern geschmiedeten Bleche hatten Abmessungen bis zu 24 mal 20 Zoll und wurden in verschiedenen Stärken zu 5 bis 50 Tafeln je Zentner hergestellt. Es kam als Schwarz- und Weißblech zum Versand. Das Weißblech bekam seine Oberfläche im Blechverzinnungshaus („Ziehaus“) durch Beizen mit Salzsäure und Holzessig und anschließendem Tauchen in ein Zinnbad. Das folgende Blankputzen erfolgte mit Kornkleie und Mehl aus der Mühle im Ort. Das Gebäude dieser Verzinnungsanstalt stand unterhalb des Forsthauses. Ein Geröllhaufen aus blauen Schlackenziegeln ließ bis zur Vernichtung des Dorfes nach 1945 noch Überreste erkennen.

Die Öfen in den Blechhütten wurden mit Holzkohle beheizt. Vorräte an Kohlholz waren in den umliegenden Wäldern reichlich vorhanden und wurden vom herrschaftlichen Forstamt kostenlos abgegeben. Erst ab dem Jahre 1840 wurde die Eisenwerksdirektion mit 75% des Taxpreises dafür belastet. Später, 1859, wurde auch dieser Preisnachlass von 25% nicht mehr gewährt und man sah sich genötigt, das teure Holz zum Teil durch Torf zu ersetzen, das in den Torfstichen auf Gabrielahüttener Flur in der
Moosbeerheide gewonnen wurde.

Nach N. v. Urbanstadt wurde 1817 der Hochofen in einen Holzverkohlungsofen umgerüstet und aus „widriger“ Umstände das Hammerwerk auf zwei Stabhütten und drei Blechhütten reduziert. Nach der Stilllegung des Essigofens im Jahre 1844, wegen Mangel an Buchenholz, bestanden im Eisenwerk Gabrielahütten drei Frischfeuer und Hammerwerke, zwei Walzwerke, ein Drehwerk, ein Bohrwerk und eine „Abschnitt-Schmelzhütte“. Die kleinen Eisenzechen, von denen die Heinrich-Fundgrube und die Freudenzeche besondere Erwähnung finden, wurden wegen des geringen Gehalts an Eisenstein um das Jahr 1828 wieder stillgelegt.

geschrieben Josef Kempf


Quellen:
1) Nikolaus von Urbanstadt Geschichte der hauptmannschaftlichen Bezirke Komotau, Saaz und Kaaden. Komotau 1869.
2) Heimatkunde des Bezirkes Komotau, Ing. Hans Fischer 1934.
3) Überlieferte Aussagen der Vorfahren von J. Kempf (Urgroßvater Karl Kraus war Walzmeister im hiesigen Walzwerk)